Wirtinnenalltag
Mein Arbeitstag als Gastgeberin, Geschäftsführerin und Köchin vom "Rössli" beginnt um ca. 8 Uhr am Morgen und endet zwischen 24:00 und 01:00 Uhr in der Nacht. Am Morgen läuft die Zeit besonders schnell, da ist Tempo angesagt, damit alles bereit ist für das Tagesmenu. Natürlich bin ich nie alleine, da sind einige Hände, Köpfe und Beine am Werk, damit die Rahmmaschine geputzt, Salat und Gemüse gerüstet, Pommesfrites bereit und in der Gaststube die Znünibrötli, die Getränke aufgefüllt, die Tische gedeckt und alles in bester Ordnung ist. Der Betrieb über Mittag ist besonders lebhaft. Wenn alles gut vorbeitet, das heisst, die Suppe schon vor dem Mitarbeitermittagessen fertig, am Donnerstag die Milke für die Pastetlisauce gezupft und die Sauce abgeschmeckt und das Tagesmenu bereit ist, dann kann fast nichts mehr schief gehen. Normalerweise sind wir 2 Frauen in der Küche und eine, an manchen Tagen auch zwei Frauen im Service.
An manchen Tagen ist unser Restaurant bis auf den letzten Platz besetzt und viele von unseren Gästen haben nur eine kurze Mittagspause, die müssen ihr Essen schnell bekommmen, weil die Pause erst richtig Pause ist, wenn das Essen gegessen und der Kaffee serviert ist. Daher kann es schon vorkommen, dass wir Gäste, die mehr Zeit zur Verfügung haben, um Geduld bitten um zuerst die "pressierten" zu bedienen. Das wird eigentlich meistens verstanden.
Am Nachmittag heisst es dann aufräumen, Geschirr und Pfannen waschen, Herd aufräumen alles in den Kühler versorgen und dazwischen gluschtige Desserts kreieren. Küchenwäsche muss gewaschen, gebügelt und versorgt werden. Im Büro warten Mails, die beantwortet werden wollen, Menuvorschläge für Geburtstage, Hochzeiten und andere Feiern müssen abgeschickt werden. Rechungen wollen bezahlt werden und was sonst noch anfällt in einem Büro, aber auch da habe ich einmal in der Woche eine gute Unterstützung. Dann ist Zeit für einen Kaffee und danach für ein Powernap oder seit neustem eine Runde mit meinem "Flyer" zu drehen. Und schon ist höchste Zeit für den Mise en Place für den Abendservice. Fischsud auf den Herd, Mehl, Ei, Paniermehl, Morchelsauce, Kalbsnierstück und die anderen Fleischstücke bereitstellen. Herdplatten andrehen, Tellerwärmer, Holdomat und Rechaud einschalten. Blumen für die Dekoration, die Grüessli aus der Küche vorbereiten.
Absprechen mit dem Service, was gibt es aktuelles, fehlt ein Wein oder was ist besonderes. In der Gaststube oder im Garten werden die Tische gedeckt und schon treffen die ersten Gäste ein und die Betriebsamkeit nimmt wieder zu.
Alle Mitarbeiterinnen benötigen einen klaren Kopf um alle Bestellungen richtig abzuwickeln. Unsere Gäste werden von unseren Frauen freundlich und aufmerksam bedient. Fast alle Gäste sind sehr nett und zufrieden. Und wenn unsere Gäste einwenig glücklicher unser Haus verlassen, als sie es betreten haben, dann ist unser Ziel erreicht. Um ca. 21 Uhr beginnen wir mit dem Aufräumen der Küche, alles vaccumieren, in die Kühler versorgen, Herd putzen, Geschirr und Pfannen waschen. Bestellungen für den nächsten Tag faxen. Alles aufräumen und versorgen, dann ist auch schwupp schon Mitternacht. Während dem Service am Mittag, wie auch am Abend, zwacke ich mir immer wieder ein paar Minuten ab und schaue wie es unseren Gästen geht. An den Ruhetagen bleibt Zeit, um im Büro liegengebliebenes zu bearbeiten, Bestellungen zu machen und Zeit mit meinem Mann, meiner Familie zu verbringen und auszuruhen. Ja so in etwa sieht mein Alltag aus. Die Zusammenarbeit mit all "meinen" Frauen, die Begegnungen mit unseren Gästen, die Herausforderung in der schwierigen Branche erfolgreich zu sein, das alles erfüllt mich zu sehr. Natürlich ist da auch einwenig Wehmut, das ich durch die grosse Präsenz wenig Zeit mit meiner Familie verbringen kann und ich auf viele Konzerte, Ausflüge, Geburtstagseinladungen und Sonntagsspaziergänge verzichte - aber ich könnte mir zur Zeit keine andere Arbeit vorstellen, die mich so sehr erfüllt, wie eben Gastgeberin, Geschäftsführerin und Wirtin zu sein.